Religionsfreiheit und Laizismus
Ich würde nur an einen Gott glauben,
der zu tanzen verstünde.
Und als ich meinen Teufel sah,
da fand ich ihn ernst, gründlich, tief, feierlich;
es war der Geist der Schwere – durch ihn fallen alle Dinge.
Nicht durch Zorn, sondern durch Lachen tötet man.
Auf, laßt uns den Geist der Schwere töten!
Ich habe gehen gelernt: seitdem lasse ich mich laufen.
Ich habe fliegen gelernt: seitdem will ich nicht gestoßen sein,
um von der Stelle zu kommen.
Jetzt bin ich leicht, jetzt fliege ich,
jetzt sehe ich mich unter mir,
jetzt tanzt ein Gott durch mich.(‚Also sprach Zarathustra‘ – Friedrich Nietzsche)
An Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag gilt in Deutschlands noch immer das Tanzverbot. Dieses Beispiel von staatlicher Seite verpflichtender „Scheintoleranz“ gegenüber einer immer weiter schrumpfenden Religionsgemeinschaft hat nichts mit der angeblich vorhandenen Trennung von Kirche und Staat zu tun, sondern festigt nur die deutsche Verbotskultur.
Glaube und Religionsausübung ist in Deutschland eben noch keine gleichberechtigte, tolerierte und freie Privatsache, sondern noch immer eine öffentliche Angelegenheit mit Bevorzugungen und Einschränkungen einzelner Glaubensmodelle, was einfach nicht mehr der gesellschaftlichen Realität gerecht wird.
Dazu haben aber andere Personen bessere Erläuterungen geschrieben, warum ich mich lieber der heutigen Tagesplanung widmen und euch Anregungen liefern möchte, wie ihr trotz Toleranz gegenüber den heute trauernden Gläubigen, euren Freitag halbwegs genießen könnt.
Beginnt euren Tag doch zum Beispiel mit Monty Pythons “Das Leben des Brian”:
Der ist nämlich nach Angaben des NRW-Kultusministerium nicht karfreitagstauglich und selbst private Vorführungen außerhalb der eigenen Wohnung sind heute nicht erlaubt.
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Hört heute „untanzbare“ Musik:
Da sicher nicht nur ich heute grillen werde (viel Spaß wünsch ich allen Berlinern beim Karfreitagsteakessen), sondern auch geeignete musikalische Untermalung möchte, habe ich extra für Karfreitag mir eine kleine Liste mit zehn Liedern zusammengestellt, die garantiert untanzbar und somit karfreitagstauglich sind:
1. MDC – This Blood’s For You
Überhaupt nicht mein Genre, aber da scheint ja eh niemand Jesus leiden sehen zu können.
2. Gin Gillette – „Train To Satanville“
Gin Gilette scheint nicht zu der „Vergebung der Sünden„-Fraktion zu gehören und auch nicht an das Osterwunder zu glauben. Nette schneidende Stimme zu der nur ganz leicht die Beine zucken werden.
3. Einstürzende Neubauten – Ein Stuhl In Der Hölle
Für Endzeitstimmung sind die einstürzenden Neubauten ja immer geeignet, aber auf welchem Abendmahl hier Rotwein getrunken wird und was der Sänger gegen seine Mutter hat, bleibt mir leider verschlossen. Wer den Text vernünftig interpretieren kann, bitte in die Kommentare.
4. Kaplan Flury – Jimi, oh Jimi Hendrix
Wenn ein ehemaliger Kaplan den „Gitarrengott“ Jimi Hendrix besingt und dieser dabei auch noch schwer engagiert im Kampf gegen Drogen ist, darf der hier ruhig mit deutschen Schlager in die Liste rein.
5. ALL – Just Like Them
Ein phantastisches Karfreitagscover und Bandmaskottchen Allroy wird sogar auf dem Cover schön am Lattenzaun gekreuzigt und das zerbrochene Sparschwein zu seinen Füssen ist auch eine schöne Anspielung.
6. U2 – Until the end of the world
Manchmal geht halt auch noch Bono. Until the end of the world ist einer der geeignetsten Lieder für dieses Wochenende. Denn den Song singt Judas an Jesus, kurz nach dem letzten Abendmahl. Im Zweifel gilt ja bei U2 grundsätzlich:
Wenn man nicht kapiert worum es geht, geht’s entweder um Sex oder um Gott.
7. Depeche Mode – „Personal Jesus“
Als Kommentar reicht wohl: Reach out and touch faith!
8. Xiu Xiu – Dear God I Hate Myself
Xiu Xiu kämpft sich ja in seinen Songs regelmäßig an Sex, Gott, Scham und Schuld ab. „Dear God I hate myself“ ist ihm da fast ein bisschen arg plakativ geraten, aber so wunderbar angemessen untanzbar für den heutigen Tanzverbotstag.
9. Cloud Cult – A Good God
Auch zu Cloud Cult kann man nicht gut tanzen, was ja gut ist. Ihre Gottesbeschreibung sollte selbst Atheisten gefallen: And for a moment I saw God / And it was so effing precious / It was an 80 year old dog / A little girl kissing a frog / A little boy who thought Jesus was He-Man.
10. Patti Smith Group – Easter
Patti ist die Godmother of Punk: Musikerin, Hippie, Muse, Kämpferin, Lebenskünstlerin, Poetin. Ihr erfolgreichstes Album heisst Easter mit dem gleichnamigen Titelsong. Was Patti wohl dieses Wochenende so macht?
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Und wer heute trotzdem nicht ganz auf eine kleine Tanzeinlage verzichten möchte, guckt sich Laurel und Hardy tänzelnd zu den Rolling Stones an:
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