Mehr Rassismus in der Lokalpresse..

Entsteht bald mehr Rassismus durch die Lokalpresse?
Foto der gedruckten Dewezet vom 2. September 2014
Foto der gedruckten Dewezet vom 2. September 2014

Meine Kritik über folgenden Artikel der Deister- und Weser Zeitung vom 02.09.2014 benötigt eine kleine Einleitung, die ich auch so von der Zeitung erhofft hätte.

In der niedersächsischen Stadt Hameln ist der Abzug der „British Forces Germany“ seit Juli 2014 größtenteils vollzogen.

Die Stadt hat sich trotz des sehr früh bekannten Datums und den absehbaren Folgen für die Kernstadt und den Immobilienmarkt, sowie den Einzelhandel nicht großartig darum bemüht, den daraus absehbaren Leerstand zu kompensieren. Teilweise problematisch ist hierfür auch, dass die Gebäude der Bundesrepublik Deutschland übergeben wurden und somit nicht der Stadt zur Verfügung stehen, um bei Anfragen der regionalen Bürger diese zu vermieten oder zu verkaufen. Auch Projektideen wie die Ausweitung der lokalen Hochschule oder der günstigen Studierenden-Alternative – dank der nun vorhandenen Großraum-Anbindung zu Hannover – wurden abserviert.

Die DEWEZET wartete nun heute mit einer neuen Idee auf, die Wohnungen eventuell zukünftigen Asylbewerbern zur Verfügung zu stellen, was angesichts der Stadtgeschichte gut passen würde und aus meiner Sicht begrüßenswert ist.

Hameln hat seinen Aufschwung zu einer ansehnlichen Kleinstadt in den 1960er und 1970er Jahren bis in die 1990er Jahre hinein eigentlich den Folgen der Nachkriegszeit zu verdanken. 1947 waren in Hameln noch 120 Häuser und 1014 Zimmer von der britischen Besatzungsmacht belegt. 846 Soldaten, 500 Zivilangestellte und 1400 Familienangehörige machen sich auch wirtschaftlich bemerkbar. Da die Stadt von kriegerischer Zerstörung bis auf wenige Ausnahmen größtenteils verschont geblieben war, siedelten sich ab Ende der 1940er Jahre auch größere Betriebe, die ihren ehemaligen Standort verloren hatten, in Hameln an. Auch die Bevölkerungszahl wuchs aufgrund der Aufnahme von Flüchtlingen bis zum Jahr 1950 auf über 51.000 Personen an, wobei die meisten Heimatvertriebenen aus Schlesien stammten.

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands erlebte Hameln ab 1990 auch einen erhöhten Zuzug aus den neuen Bundesländern, da die wirtschaftliche Situation sich vor Ort besser darstellte, als in den versprochenen bald wieder „blühenden Landschaften“ der CDU.  Man kann also behaupten, dass Hameln eine Flüchtlingsstadt ist. Auch wenn der Anteil der Ausländer 2009 nur noch 8,6% betrug, von ehemals über 10% im Jahre 1997.

1995 lebten in Hameln noch 302 Asylbewerber, 1999 nur noch 215 Asylbewerber, 2014 sind es nur noch 147 Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind.

War Hameln also 1939 noch ein 29.000 Einwohner Städtchen, erreichte die Stadt dank des Flüchtlingszustroms ihren wirtschaftlichen und bevölkerungsreichsten Höhepunkt 1992 mit 59.294 Einwohnern.

Die Stadt Hameln ist eine Flüchtlingsstadt

Dieser kleine Zahlenausflug soll schlicht belegen, dass die Stadt Hameln schon seit Lebzeiten ihrer meisten aktuellen Einwohner eine Flüchtlings- und Migrationsstadt war und wirtschaftlich an diese gebunden ist.  Nun ist es sicherlich eine legitime Frage, wenn der Journalist Marc Fisser der Lokalzeitung DEWEZET sich fragt, ob der entstandene Leerstand nicht durch Zuzug einiger der aktuell 200.000 Menschen, die Asylanträge an die Bundesrepublik Deutschland gestellt haben, eventuell kompensiert werden könnte und es dadurch auch der Region wieder besser geht. Dies fragt er jedoch nicht.

Asylanten kommen oder könnten Kriegsflüchtlinge kommen?

Als gedruckte Lokalzeitung oder sowieso als Print-Journalist hat man nicht viel Platz in seinem Hauptprodukt und auch nicht immer die zeitlichen Kapazitäten, ausreichend ein solches sensibles Thema vorzubereiten und einzuleiten. Letztlich widmet die Deister- und Weserzeitung dieser Frage jedoch fast eine ganze Seite, was erstmal erfreulich scheint, diese sah dann heute wie folgt aus:

 

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Seiten-Ansicht des Dewezet-Artikels (Grafik)

 

Der Text leitet in der Überschrift mit einer rhetorischen Frage ein, was sich dem Leser nicht erschließt, selbst nicht unbedingt nach der kompletten Lektüre des Artikels.

Um die Idee emotional sinnvoll aufzubereiten wird dort von „unzähligen Menschen“ geredet (was ein Fakt ist), die aktuell aus dem Irak und Syrien flüchten und das „Die Bilder zum Leid der Flüchtlinge (…) auch die Bewohner des Weserberglandes erschüttern.“ Ungenannter „mancher Bürger“ fragt sich ob der Leerstand der ehemaligen Wohnungen der Briten nicht eventuell dafür genutzt werden könnte, das Leid der Flüchtlinge zu minimieren.

Um dem Artikel und der rhetorischen Frage Legitimität zu verschaffen, wird auch mit dem Hamelner „Fachbereich Recht und Sicherheit“ gesprochen.  Auch der Rathaussprecher Andreas Seidel wird mit „Uns ist von zusätzlichen Zuweisungen nichts bekannt.“ zitiert.

Auch die geringfügige Zahlenentwicklung der Asylanten in den letzten vier Wochen wird nur kurz dargestellt:

Zurzeit leben 174 Asylbewerber in Hameln. vor vier Wochen waren es 156.

Diese Zahlenentwicklung liest sich viellecht hoch, doch ist sie halt im Vergleich zu jeglicher historisch belegbaren Zahl und der Anzahl der benötigten Hilfe gering. Diese achtzehn Menschen hat man nach dem zweiten Weltkrieg in seiner eigenen Stube schlafen lassen.

Um die  Fragestellung zur Nutzung des Leerstandes auszubauen, wird noch Innenminister Pistorius und Thomas de Maiziére aus einer älteren Presseerklärung zitiert, dass „die aktuellen Zugangszahlen nicht wenige Kommunen vor wirkliche Probleme“ stellen würde. Dieses Zitat zieht sich durch fast jeden aktuellen Zeitungsartikel zum Thema. Dass diese Äußerung aus dem Zusammenhang gerissen wurde, davon erfährt der geneigte Leser kein Wort. Dass diese Situation in Hameln so wäre, dies ist auch nicht ersichtlich. Diese Information wäre wünschenswert.

Mit einer kleinen Info-Box rundet das Lokalblatt seinen Artikel ab. Diese stellt kurz und knapp die Stadt Hameln als das da, was sie seit gut einem Jahrhundert charakterisiert. Der Artikel hat also keinen Nachrichtenwert beinhaltet aber eine sehr vernünftige Idee, denn:

  • Die Frage ist rhetorisch
  • Im Rathaus weiß man von solch einer Idee nichts
  • Die Häuser können dafür von der Stadt nicht verwendet werden
  • Aktuell sind keine weiteren Zuweisung von Asylbewerbern erkennbar
  • Die Häuser stehen noch immer leer

Eigentlich kann sich Marc Fisser auch ganz zufrieden auf die Schulter klopfen, hat er doch eine Debatte angestoßen und eine vermeintlich sehr gute Idee in die lokale Welt gebracht. In der Kürze wurde die Situation der Stadt Hameln dargestellt, ein O-Ton organisiert und es in die aktuelle bundesweite Nachrichtenlandschaft der Asylbewerber aus Kriegsgebieten integriert. Toll! Weitermachen!

Bezahlschranken im Internet und Social Media

Wäre da nicht das Problem, dass anscheinend nicht jeder im Hause den rhetorischen, bereits sehr kurzen und sehr sensiblen Artikel liest.

Denn auf Facebook passierte folgendes:

dewezetfacebook
Screenshot: Facebook

 

Mit der Einleitung „Kommen bald mehr Kriegsflüchtlinge nach Hameln…“ kommen zwar nicht bald mehr Kriegsflüchtlinge nach Hameln aber definitiv kommt bald mehr sichtbarer Rassismus nach Hameln.

Es wird durch die hinzugefügte Einleitung noch schwieriger erkennbar, dass es schlicht eine hauseigene Idee ist. Man verlinkt leider auch nur auf den kurzen Anreißertext, der komplette Artikel verbirgt sich hinter einer Bezahlschranke.

Hier der nächste Fehler:

Die aus dem Artikel übernommene Bildunterschrift endet mit einem Punkt. Aus der im Print gedruckten Unterschrift:

Wären sie als Quartiere für Kriegsflüchtlinge aus dem Irak oder aus Syrien geeignet?

wird

Wären sie als Quartiere für Kriegsflüchtlinge aus dem Irak oder aus Syrien geeignet.

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Screenshot: Dewezet.de vom 01.09.2014

 

Keine Info-Box ist zu sehen, keine ausführliche Darstellung, dass Hameln schon seit der Nachkriegszeit immer von Flüchtlingen profitiert hat. Schlicht die Nichtnachricht wird nochmal zugespitzt und wie ein Heftig.co-Artikel für die Social-Media-Meute aufbereitet.

Die Folgen sieht man in den Kommentaren auf Facebook:

  • Na klar öffne deine arme hameln (4 Likes)
  • Immer rein damit… kotz! (1 Like)
  • Hammer hart -.-
  • Das hat ja noch gefehlt -.-„
  • Dann können Sie auch gleich eine neue polizeistation dahin bauen (5 Likes)
  • Wenn das so weiter geht können wir Balt mit Pistole  in die Stadt gehen (6 Likes)
  • toll, noch ein getto

Keine Darstellung der DEWEZET, keine Korrektur auch auf Hinweise von Personen, dass dieser Artikel eine rhetorische Frage ist, keine Intervention der Verantwortlichen. Die Kommentatoren verstehen teilweise nicht, dass die Idee eben nicht aus der Politik kommt, die deswegen noch mehr „gehasst“ wird und manche Meinungen lesen sich, als wäre diese fiktive Geschichte bereits beschlossene Sache . Die elf Linkteilungen werden mit „Auch dass noch!!!“ an den eigenen Bekanntenkreis weitergeteilt.

Kommt mehr Rassismus in die Lokalpresse?

Unbenannt-13Jedem Verantwortlichen sollte klar sein, wie sensibel ein solches Thema auch in der freien Presse angegangen werden sollte, die eben keine große übergeordnete Hauspolitik verfolgt, sondern den Anspruch hat, für den Bürger objektiv zu berichten und darüber hinaus auch Bildung zu betreiben. Wenn man ein eigenständiges Thema in die Debatte bringen möchte, sollte dies gerade in der Zeit von Bezahlschranken und Kurzlebigkeit von Informationen überlegter angegangen werden.

Es mag ja sogar sein, dass die Idee als solche gut gemeint war, doch benötigt eine so sensible Idee ein besseres Storytelling und Agenda-Setting, um solche konstruktivistischen Fehler beim Leser zu verhindern.

In Sachsen hat die Demokratie gerade eine Wahlniederlage erlitten. Rassismus und Nationalismus ist dank einer „Alternative für Deutschland“ wieder salonfähig geworden. Nur einige wenige Journalisten und Bürger machen sich die Mühe und schreiben sich überall in der Bundesrepublik in Kommentarspalten und Leitartikeln die Finger wund, um gegen den entstandenen Bildungsnotstand anzukämpfen.

Man fühlt sich schlicht nicht ernst genommen, wenn das Lokalblatt diese Fehler nach Hinweis nicht behebt, nicht in den Dialog mit solchen Personen mit unreflektierten Meinungen tritt, welche sie durch ihre eigene Berichterstattung hervorruft und schlicht manche Kommentare nicht moderiert. Dabei könnte der heutige Journalismus auch hier soviel mehr tun… Auch im Printprodukt veröffentlicht man nicht jeden Brief, warum also lässt man sowas im Internet zu?

Ein gelungenes  Beispiel wie man das Thema Migration angehen kann, liefert gerade das Wochenmagazin Nature. Ein fünf Minuten dauernder Film zeigt einige Migrationsbewegungen seit der Antike. Die University of Texas hat zusammen mit IBM dank offener Daten vom Google Ngram Viewer einen wundervollen Eindruck geschaffen, welche Bereicherung Migrationswellen und Migrationsbewegungen mit sich bringen, wenn man diese dank Datenjournalismus aufarbeitet:

 

Für den Lokaljournalismus und manch eine Provinzstadt sehe ich jedoch auch durch den kulturellen Verlust vom Wegzug anderer Kulturen einen gewaltigen Brain Drain. Wer sich nicht bemüht, seine Leserschaft durch offen zugängliche Informationen auch aus Fremdprodukten zu bereichern, wer sich selbst durch Bezahlschranken einer Möglichkeit der objektiven Darstellung von Informationen beraubt und wer seinen Lesern Sätze wie „Kommen bald mehr Kriegsflüchtlinge nach Hameln…“ zumutet, der muss sich nicht wundern, wenn er entweder eingestellt oder durch einen fremden Mantel von überregionalen Zeitungen, welcher nur dpa-Tickermeldungen beinhaltet, gleichgeschaltet wird.

Leserinnen und Leser gerade von Produkten wie „Nachrichten auf Facebook“ brauchen Menschen, die nicht nur auf den schnellen Klick aus sind, sondern ihnen auch erklären können, was sie dort vorfinden und wie es zu deuten ist. Wenn man sich jedoch die aktuelle Differenz der Darstellung auch manch einer überregionalen Zeitung im Verhältnis zu ihrem Print-Produkt und ihren Facebook-Beiträgen anschaut, merkt man, dass kaum ein Medium noch einer Hauspolitik folgt, was bedauerlich ist.. Denn die Zeitungen, die es noch sehr sichtbar tun, möchte ich nicht in einigen Jahren als einzige überlebende Leitmedien vorfinden.

Lieber Lokaljournalismus, auch für euch zählt: Jetzt schneller sterben ohne Internet!

Update: 03.09.2014:

Im Artikel wurde der Bildunterschriften-Fehler von einem Punkt in ein Fragezeichen geändert.

Update 03.09.2014:

Auf Wunsch des Chefredakteurs Frank Werner der DEWEZET habe ich die von mir angefertigten Screenshots und Fotos überarbeitet.

Ein Foto der kompletten Seitenansicht ermöglichte versehentlich das Lesen des gesamten Artikels. Meine Antwortmail an Herrn Werner beinhaltet auch die Bitte zur Stellungnahme des Inhalts meines Artikels und die Bitte zur Veröffentlichung des Schriftverkehrs, welchen ich hier nachreichen werde, wenn von Herrn Werner gestattet.

Update 04.09.2014:

Auf meine Veränderung des Artikels und meine Email wurde ich nochmals – und letztmalig formlos – von Herrn Werner dazu aufgefordert, alle per Screenshot duplizierten Original-Texte, Fotos, Überschriften, Bildtexte etc. zu entfernen. Nach Rücksprache mit meiner juristischen Beratung habe ich mich dazu entschieden, jegliche Bebilderung aus den Screenshots zu entfernen, da diese ebenfalls nicht notwendig wäre zur Herleitung meines Artikels und diese mit [Artikelbebilderung*] zu ersetzen. Die Texte die nun ersichtlich sind, empfinden wir jedoch dafür notwendig. Auf meine Fragen erhielt ich keine Antwort. Diese lauteten:

  • Wird die Thematik der Asylbewerber in den leerstehenden Häusern weiter verfolgt werden um diese gute Nutzungsidee auszubauen?
  • Besteht die Möglichkeit in Ihrem Haus, fremdenfeindliche, rassistische oder verletzende Kommentare auf Facebook zu moderieren oder Personen von der Diskussion nach mehrmaliger Verletzung dieser Regeln zu sperren?
  • Können Sie sich die Idee in ihrem Haus vorstellen, dass Herr Dr. Gökdemir eventuell bei gegenseitigen Interesse online eine Plattform erhält, zur Befragung und Beantwortung von Sorgen der Hamelner Bürgerinnen und Bürgern beim Thema Asyl/Migration?

Falls notwendig bin ich nun bereit, juristische Konsequenzen einzugehen.

Herrn Werner könnte man als Chefredakteur der Dewezet als Befürworter des Leistungsschutzrechtes bezeichnen.

Der vollständige Artikel lässt sich nach einmaliger Zahlung von nur 0,99 Euro auf der Seite dewezet.de erwerben.

Wer mag kann auch gerne sich bei mir die gedruckte Version persönlich und analog anschauen kommen.

Dies wäre erlaubt und zählt dann auch als höhere Verbreitung der Auflage, was auch Herrn Werner erfreuen wird:

Auflage DEWEZET (IVW.eu)

 

FootBlock

Extension for Chrome & Firefox

Automatically blocks football news, football pictures, football tweets, football…

footblocker

footblock

Hans-Guckt-ins-Smartphone

Die Geschichte von Hans-Guckt-ins-Smartphone

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Wenn der Hans zur Arbeit ging,
Stets sein Blick am Smartphone hing.
Sendet Tweets, mailt, liked
Schaut nur niederwärts jederzeit:
Vor die eigne Nase dicht,
Ja, da sah der Bursche nicht,
Also daß ein jeder rief vom weiten schon:
„Seht der Hans Guckt-ins-Smartphone!“

guck2

Kam eine Laterne am Wegesrand;
Hänslein blickte unverwandt
In die Luft.
Niemand ruft:
„Hans gib acht, die Laterne ist nah!“
Was geschah?
Bauz! Perdauz! – da liegen zwei!
Smartphone und Hänschen nebenbei.

guck3

Einst ging er an Ufers Rand
Mit dem Smartphone in der Hand.
In den digitalen Raum hinein
Sah er, wo die Freunde sein,
Also daß er kerzengrad
Immer mehr zum Flusse trat.
Und die Fischlein in der Reih‘
Sind erstaunt sehr, alle drei.

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Noch ein Schritt! und plumbs! der Hans
Stürzt hinab kopfüber ganz! –
Die drei Fischlein sehr erschreckt
Haben sich sogleich versteckt.

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Doch zum Glück da kommen zwei
Männer aus der Näh‘ herbei,
Und die haben ihn mit Stangen
Aus dem Wasser aufgefangen.

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Seht! Nun steht er triefend naß!
Ei! das ist ein schlechter Spaß!
Wasser läuft dem armen Wicht
Aus dem Haaren ins Gesicht,
Aus den Kleidern, von dem Armen;
Und es friert ihn zum Erbarmen.
Doch die Fischlein alle drei,
Schwimmen hurtig gleich herbei;
Strecken’s Köpflein aus der Flut,
Lachen, daß man’s hören tut,
Lachen fort noch lange Zeit;
Und das Smartphone sank schon weit.

Warum können wir kein HBO?

Bastian Pastewka soll der deutsche Walter White werden.

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Ab 2015 spielt er in einer vierteiligen ZDF-Miniserie einen arbeitslosen Grafiker aus dem Taunus, der anfängt, Geld zu fälschen, um seine Familie durchzubringen.

Im aktuellen brand eins (Ausgabe 03/2014) fragt sich Jochen Förster, warum deutsche Serien-Produktionen mit House of Cards, Sopranos und Co nicht mithalten können.

Die Quintessenz des Artikels ist oben zu lesen, ich möchte ihn jedoch mit einer Passage aus dem unglaublich lesenswerten und gut recherchierten Artikel von Christian Junklewitz von 2011 zu Doctor Who bei Serienjunkies ergänzen:

Auch der Ankauf von „Doctor Who“ wurde in der besagten Sitzung vom Mai 1968 diskutiert. Dazu hatten sich die Teilnehmer im Vorfeld die sechsteilige Episode „The Ice Warriors“ (1967) angeschaut.

 

(…)

 

Das Urteil der ZDF-Redakteure fiel vernichtend aus: „Die Filme sind in Dekor und Kostümen ebenso naiv wie die Bücher undurchschaubar. Die Ablehnung erfolgt einstimmig.“ Damit war das Thema „Doctor Who“ für das ZDF erst einmal vom Tisch.

Bereits vor 46 Jahren hätte das deutsche Publikum also an manch eine anspruchsvollere englischsprachige Serie gewöhnt werden können, die wohl auch heute noch das Kernklientel im klassischen Fernsehen ausmachen, wenn sie nicht zum Pay-TV oder direkt in Streaming-Angebote abgewandert sind.

So ist es kein Wunder, dass der „junge“ Spatensender ZDF_Neo mit einer Hymne auf die 90er in Manier einer typischer RTL-Chartshow gerade einen kleinen YouTube-Hit landet (100.000 Views in zwei Tagen), während anderswo in den 90ern schon die Sopranos geschaut wurden:

 

 

Meine 90er waren übrigens eher musikalisch geprägt von:

 

Die Privatsphäre und die datengeschützte Gesellschaft

Archivierung des Artikels von 2011:

Alle Beziehungen von Menschen untereinander ruhen selbstverständlich darauf, daß sie etwas voneinander wissen. – Georg Simmel

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In “Soziologie / Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung” schrieb Georg Simmel im Jahre 1908 über das Geheimnis und die geheime Gesellschaft. Was sich nach einem alten Groschenroman für Verschwörungstheoretiker anhört, entpuppt sich aus heutiger Sicht als eines der interessantesten Belege für den ursprünglichen Umgang mit den Definitionen von den heute verwendeten Begriffen der “Privatsphäre/Öffentlichkeit” und  “Datenschutz/Transparenz”.

Ohne diese Begriffe überhaupt zu erahnen oder zu erwähnen legt er speziell in seinem Exkurs über den schriftlichen Verkehr da, vor welchen Probleme sich unsere “vergesellschaftliche Welt” mit dem Medium Internet befindet.

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Süd Park – Euphemism my ass

Von Blackfacing, über Forstingenieurin zum Genderprogramm der Piratenpartei

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Ich mag South Park, diese kleine US-amerikanische Serie, mit ihrem sehr aggressiven Humor und der kontroversen Inhalte. Trey Parker und Matt Stone haben in ihrer bisher 16 Staffeln langen Serie mir keine bekannte Randgruppe ungescholten gelassen und so der angeblichen Mehrheit der Gesellschaft ihre Individualität, Macken und Irrsinnigkeiten aufgezeigt. Und genau aus diesem Grund ist die Serie so liebenswert. Als sie um das Jahr 2000 rum erstmalig ausgestrahlt wurde, war ich definitiv zu jung um dank Werbeblöcken und später Uhrzeiten, sowie unregelmäßiger Sendezeiten ihren Mehrwert zu erkennen.

Erst letztes Jahr habe ich mir wegen der Empfehlung eines Freundes die Zeit genommen, SouthPark dank http://southpark.de regelmäßig und ohne Werbeunterbrechung anzugucken und Parallelen zu mir dann bekannten Ereignissen seit meiner Zeit bei den Piraten, dem Universum und dem ganzen Rest zu ziehen.

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Nun schenkte ich besagtem Freund zu Weihnachten eine Eintrittskarte in das Theaterstück „Süd Park“ im jungen Schauspiel Hannover, welches erst am 30. Dezember seine Premiere hatte.

Kurzzusammenfassung: Ich habe selten im Theater so viel gelacht, mich ertappt gefühlt, mich geschämt und sooft einen Spiegel vorgehalten bekommen.

„Liebe Menschinnen, Feministen, Moslems, Professors, IntelligenzallergikerInnen, maximal Pigmentierte und solche, die es werden wollen: Dieser Theaterabend widmet sich einem Thema, das in der heutigen Gesellschaft entweder unter- oder überbewertet wird und deshalb unter den Nägeln brennt: Die Rede ist von „Political Correctness“. Egal, wo Sie sich aufhalten, sozialisieren, erziehen oder all dem verweigern: Die PC entscheidet darüber, ob Sie zu den Ewiggestrigen gehören oder zu den Ordnungshütern. Oder anders formuliert: Entweder essen Sie noch immer ein Zigeuner- oder schon ein korrektes Balkanschnitzel. Mohrenkopf oder Schokokuss – das ist hier die Frage.“  Auszug aus der Einleitung des Programmheftes

Rahmenhandlung des von Malte C. Lachmann geschriebenen Stücks ist die Folge „Bitte ein N“ in der Randolph „Randy“ Marsh (gespielt von Peter Sikorski) versehentlich live im Fernsehen das Wort „Nigger“ sagt und damit über Nacht zum meistgehassten Youtube-Star wird. Dies wirft in der TV-Folge und auch im Stück die Frage auf, warum genau man das eigentlich nicht sagen sollte, selbst wenn man es gar nicht böse meint.

An dieser Rahmenhandlung entlang hat Lachmann jedoch alle mir bekannten aktuellen deutschen PC-Themen angeknüpft und diese perfekt in die pädagogische Lehre des/der trans-homo-sadistischen Lehrer*in Mr. oder Mrs. Garrison (gespielt von Henning Hartmann) eingearbeitet.

Die Märchenumschreibdebatte der Gebrüder Grimm bekommt als erste absolute Überspitzung eine eigenwillige Neuinterpretation von Rotkäppchen, welche besagte Mrs. Garrison seiner Schulklasse vorliest. Diese Überspitzung prasselt durch Lichtunterstützung und einer unglaublichen Euphemismuskaskade – unterstrichen mit Peitschenhieben – auf die Zuschauer ein und wird so dramatisiert, dass der Zuschauer nicht weiß, ob er er wie Cartman (gespielt von Dominik Maringer) heulen oder wegen der Irrsinnigkeit einfach lachen soll.

Und dies Überflutung bemerkt man gefühlt auch im Publikum. In Lachmanns „Süd Park“ kriegen auch Gender-Mainstreaming, Umweltschutz, Homosexuelle, weiße privilegierte Heteromänner, Adipöse, Behinderte, alle größeren Religionsgruppen und der Feminismus ihr Fett weg. Jedem/Jeder Zuschauer*in sieht man eine kurzzeitige Empörung über die eigenen Werte an, die wechselt in Ergriffenheit und bitterböses Lachen über die gesellschaftliche Selbstkarikierung in der man sich individuell wiederfindet.

Geeint wird selten gelacht, man schaut sich empört im Publikum um und ertappt sich nur kurzweilig gemeinsam beim eventuell transsexuellen „Butters“ Stotch (gespielt von Tina Haas) bei nostalgischer Erinnerung an eine Zeit ohne Smartphones.

Darin darf man sich jedoch nicht lange ausruhen. Zwischen kritisierten Rap von Kool Savas, über eine im Unterricht zu erschießende Kuh zur Rettung des Klimas, bis hin zum Burkini-Schwimmanzug den sich Cartman von einer muslimischen Mitschülerin ausleiht, kommt man als Zuschauer kaum zur Ruhe. Es wird aus dem Genderprogramm der Piratenpartei (SIC!) vorgelesen und in der Wikipedia gesucht um dem Publikum und Stan (ebenfalls gespielt von Henning Hartmann) zu erklären, was es denn überhaupt mit der Wichtigkeit von richtiger Sprache auf sich hat.

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Außerdem, mehr so nebenbei, erzählt ein geschauspielerter Roberto Blanco (der deutsche Ersatz für den in der Original-Serie auftauchenden Kaiser Bürgerrechtler Jesse Jackson) dem Publikum und einem ebenso schwafelnden wie positionslosen Günther Jauch in der Sendung „Wie viel Rassismus verträgt Deutschland„, dass er stolz auf seine Hautfarbe ist und in ihr in einer rassistischen Nachkriegszeit seinen maßgeblichen Erfolg sieht und es wird um den verstorbenen Dirk Bach getrauert.

Prädikat: Pädagogisch wertvoll. Vorsicht vor den Elternabenden!

Kurzum: Ich wurde mit all meinen gut gemeinten Ansätzen selber gefoltert, ich bekam all meine Dummheiten im Umgang mit meinen Mitmenschen vorgeführt und ich war danach erleichtert, dass es endlich vorbei ist, aber glücklich, dabei gewesen zu sein.

Was man jedoch an dem fast zweistündigen gemeinsamen Abend nach dem „SCHLUSS!„-Ruf des unglaublich penetranten (dies ist im Zusammenhang mit „Süd Park“ als Lob zu verstehen) Pianisten Dean Wilmington dank Tina Haas, Henning Hartmann, Dominik Maringer und Peter Sikorski zusammen mit dem restlichen Publikum lernt, ist dass nervende Schulklassen die einem mit ihren ätzenden Chipstüten und Selfie-Fotos auch noch die ausverkauften Sitzplätze streitig machen wollen, genauso gerne „DIE SCHWEINE!“ beim Tod von Kenny (gespielt von Tina Haas) rufen, wie man selbst.

Ich ziehe meinen Hut vor den Lehrenden, die ihre eventuell achte oder neunte Klasse in dieses Stück mitgenommen haben, denn wenn meine Eltern damit konfrontiert gewesen wären, dass ich begeistert und selbstreflektiert aus einem Stück voller Schimpfwörter, Hitlergrüßen, Menschenfeindlichkeiten (also mensch [man] im Sinne von jede*r), nachhause gekommen wäre, ich wäre nicht gerne beim Elternabend dabei gewesen.

Daher meine Empfehlung:

29.01. Mi 19:30 Karten
04.02. Di 19:30 Karten
27.02. Do 19:30 Karten
28.02. Fr 19:30 Karten

Noch die letzten Karten in den verbleibenden vier Vorführungen sichern und oder an Gutmenschen, Ordnungshüter oder Parteifreunde verschenken, denn dieses Stück ist genau dass, was auf dem Lehrplan in Deutschland gefehlt hat.

Vielleicht sieht man sich, denn ich werde nochmal reingehen müssen um das Stück mit meinem Smartphone aufzunehmen und ins Internet hochzuladen, bevor es abgesetzt wird.

Komplett egal, ob dies korrekt ist oder nicht, es gehört hier einfach nach Absetzung hin.

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PRESSESTIMMEN

  • Alles muss raus Hannoversche Allgemeine, 02.01.1 mehr
  • Ein Kunststück nachtkritik.de, 31.12.13 mehr
  • Erfrischend SWR2, 03.01.14 mehr
  • Niemand bleibt verschont ZiSh – die Jugendseite der HAZ, 03.01.14 mehr
  • Wunderbar gemacht Deutschlandradio, 31.12.2013 mehr
  • Theatralischer Kraftakt NDR 1, 07.01.14 mehr
  • Einfach wundervoll CHILI – Jugendseite der Kreiszeitung, Wietzen, 09.01.14 mehr
  • Entwaffnend Huffington Post, 14.01.14 mehr

Worüber Robert Wadlow am Jahresende 2013 lachen würde.

Every great institution is the lengthened shadow of a single man. – Thomas A. Edison

Robert Wadlow

Wir werden wohl auch 2014 wieder massig Zeit für Diskussionen über Hautfarben, Kleidungsstücke und andere Banalitäten die das Leben eigentlich vielfältig machen verschwenden, anstatt zu bemerken, wie lächerlich diese Zeitvergeudung ist. Stattdessen könnte man die Vielfalt von Äußerlichkeiten einfach hinnehmen und als Bereicherung begreifen, um aus ihr gemeinsam Neues zu gestalten, durch Gemeinsamkeiten.

Ein Mensch wie Robert Wadlow würde unsere kleine einfältige Sicht auf Äußerlichkeiten und die Versuche diese zu beheben und sie anzugleichen wohl nur belächeln. Der Versuch, seine Perspektive auf unsere kleine Welt einzunehmen, ist nur zu empfehlen.

Ich wünsche allen Lesern ein frohes und vor allem gesundes Jahr 2014 und jedem den ein oder anderen Moment der Ruhe zur Selbstreflektion und zum Perspektivwechsel.

2013 war schlicht für mich und viele Bekannte ein Jahr der Ernüchterung. Ich habe noch nie so genau wahrnehmen können, wie Personen die eigentlich etwas eint, sich in so kurzer Zeit divergieren können. Ich hoffe aus der Ernüchterung erfolgt gemeinsame Erkenntnis und ein neuer Versuch.

 Foto: Robert Wadlow mit seinem Vater Harold Franklin Wadlow.

 

 

Die Monopoly-Piraten-Edition

PiratenparteiMonopoly Piratenpartei Edition

(Klicken zum vergrößern.)

Einige Mitglieder empfinden die Piratenpartei anscheinend noch immer als ein um sich selbst drehendes Spiel und sind zufrieden damit. So richtig Spaß macht es aber kaum noch und über uns selbst hinaus, nimmt es auch kaum noch jemand so richtig ernst. Wir bewegen uns bereits nach wenigen Jahren in einem selbst geschaffenen eingefahrenen System mit kaum definierten Regeln, die Straßen scheinen abgesteckt und über den Tellerrand wird kaum noch geschaut. Die Frustration ist hoch, da kaum noch ein Zug gesetzt werden kann, ohne jemanden auf die Füße zu treten.

Das wir aber mal angefangen haben um uns nicht mit uns selbst zu beschäftigen, sondern das politische System zu erneuern, vergessen einige. Die Grundsteine dafür sind vorhanden und nun haben wir die Chance einen nächsten Schritt zu gehen.

Daher freue ich mich auf den zwölften Bundesparteitag der Piraten in Neumarkt, zu dem bereits alles gesagt wurde:

Denn nur wenn wir weiterhin daran interessiert sind unser Spielbrett „Piratenpartei“ zu verbessern, vernünftige Spielregeln aufstellen und es auch neuen Mitgliedern ermöglichen, mittendrin einzusteigen und Zeit zu investieren, kann daraus eventuell wieder ein Exportschlager werden.